Der Höhepunkt des Konzentrationsprozesses der konsumgenossenschaftlichen Organisationen Österreichs war die Gründung von „Konsum Österreich“ am 23. Juni 1978, der Großteil aller lokalen und zentralen konsumgenossenschaftlichen Organisationen wurde zusammengefasst. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht war diese Fusion ein Meilenstein, der die positive Entwicklung der konsumgenossenschaftlichen Bewegung im zunehmend kompetitiven und international ausgerichteten Umfeld hätte sichern sollen. Wichtige Gründe für die Zusammenführung von fünfzehn Konsumgenossenschaften und zur Gründung von Konsum Österreich waren die Beibehaltung der Genossenschaftsform und des demokratischen Aufbaues, die Sicherung der Marktbedeutung der Genossenschaftsbewegung für die Zukunft und die Verbesserung der Leistungsfähigkeit für die Mitglieder. Einige der fusionierenden Konsumgenossenschaften waren bereits zu diesem Zeitpunkt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Der Zusammenschluss hatte das Ziel, durch zentrale Steuerung und die Bündelung der Kräfte, Synergieeffekte zu erzielen, um gemeinsam wettbewerbsfähig zu bleiben. Der zunehmende Konkurrenzkampf im Einzelhandel zwang die Konsumgenossenschaften zu dieser Maßnahme.

 

Bereits 1988 wurde eine internationale Partnerschaft als längerfristige Perspektive für Konsum Österreich angedacht. Dieses Ziel wurde im Juli 1993 mit dem Kooperationsvertrag zwischen Konsum Österreich und Migros Schweiz erreicht. Migros hat jedoch die Konkurrenz auf dem österreichischen Markt unterschätzt. Während die Migros-Eigenmarken in der Schweiz, wo das Preisniveau deutlich höher war als in Österreich, gut eingeführt waren, griffen die österreichischen Verbraucher lieber zu den ihnen bereits seit Jahren bekannten Markenprodukten, bzw. zu den Konsum-Eigenmarken. Das Ziel der Preisführerschaft konnte u. a. aufgrund der hohen Produktionskosten in der Migros-Eigenproduktion, die teilweise über den Verkaufspreisen der österreichischen Konkurrenz lagen, nicht erreicht werden.

 

Das Jahr 1994 entwickelte sich für Konsum Österreich aufgrund von verschiedenen Zielkonflikten, welche die Zusammenarbeit mit Migros mit sich brachte, zu einem Katastrophenjahr. Ab Oktober 1994 kam es zu ernsthaften Zahlungsstockungen bei Konsum Österreich. Aufgrund des gestiegenen Drucks der Banken und eines bestehenden Liquiditätsengpasses mussten Konsum Österreich und fast alle Tochtergesellschaften am 6. und am 13. April 1995 beim Handelsgericht Wien den Ausgleich anmelden.

 

 

Wenngleich die in der Form des Ausgleichs abgewickelte Insolvenz für die Gläubiger von Konsum Österreich mit Forderungsausfällen verbunden war, ist festzustellen, dass die Abwicklung mit größtmöglicher Schonung der Lieferanten, Mitarbeiter, kreditgebenden Banken und der Genossenschaftsmitglieder durchgeführt wurde. Der Ausgleich hat es ermöglicht, dass für Konsum Österreich werthaltige Verträge aufrecht geblieben sind und an neue Eigentümer übertragen werden konnten. Die Verbindlichkeiten gegenüber Drittgläubigern von Konsum Österreich betrugen im Juni 1995 ca. 13,6 Mrd. ATS. In der häufig verbreiteten Zahl von 25 Mrd. ATS sind die intern zu saldierenden Forderungen und Verbindlichkeiten der Konsum Gruppe, die keine externen Gläubiger betrafen, nicht berücksichtigt. Bis Juni 1998 bezahlte Konsum Österreich ca. 9,2 Mrd. ATS aus der Verwertung des Vermögens an seine Gläubiger aus. Die bevorrechteten Schulden (ca. 5,5 Mrd. ATS) wurden zu 100 Prozent erfüllt. Für die nicht besicherten Schulden (ca. 8,1 Mrd. ATS) konnte eine Ausgleichsquote von 44,9284 % erreicht werden. Im Durchschnitt erhielten die Gläubiger damit 67,4 Prozent ihrer offenen Forderungen abgedeckt. In der österreichischen Wirtschaftsgeschichte sind diese (Ausgleichs-)Quoten einmalig.